Klimagerechtigkeit ist unsere Grundlage. Das war nicht von Anfang an so klar. Lernen und Reflektieren sind uns aber wichtig. Seit Juli 2024 ist die „Grundlage Klimagerechtigkeit“ nun ein Zusatz zu unseren Forderungen und Werten.
Das ist ein Grund zu feiern! Wir sind dankbar für viele XR-interne Rückmeldungen. Und für die wertvollen Einwände vieler Menschen der Klimagerechtigkeitsbewegung. Das Konzept der Klimagerechtigkeit haben wir uns nicht ausgedacht. Wir bauen damit auf einem Jahrhunderte langen Kampf von Menschen im Globalen Süden auf.
Lest hier das Ergebnis monatelanger Arbeit und wie es damit weitergeht.
Hinweis: Die kursiv geschriebenen Wörter mit (Zahl) dahinter sind im Glossar weiter unten ausführlicher erklärt.
Wir stellen die Stimmen und Bedürfnisse derjenigen in den Mittelpunkt, die am stärksten von Klima- und Biodiversitätskatastrophe(0) und Ausbeutung betroffen sind.
Wir räumen denjenigen eine zentrale Rolle ein, die am eigenen Leib und in ihrer direkten Umgebung Zerstörung und Ausbeutung erleben (MAPA(1)). Klimakatastrophe, Artensterben und Ausbeutung werden durch menschliches Handeln verursacht. Deshalb hinterfragen wir kritisch unsere Privilegien und das gesellschaftliche System. Wir hören ganz besonders den Menschen aufmerksam zu, die unter den aktuellen Herrschaftsformen(4) am stärksten leiden. Wir sind in der Rolle der Lernenden und wollen uns gegenseitig unterstützen.
Menschen im sogenannten Globalen Süden(2), aber auch im Globalen Norden(3), verlieren ihre Lebensgrundlage und werden auf unterschiedlichste Weise unterdrückt. Dadurch können sich nicht alle Menschen gleich gut auf die Folgen der Klimakatastrophe einstellen.
Durch die Klimakrise wird es zu mehr Kriegen kommen. Die Klimakrise wird die Gesundheit vieler Menschen verschlechtern. Immer mehr Menschen werden von Behinderung betroffen sein. Besonders junge Menschen und deren Nachfahren werden sich ihr Leben lang mit der Klimakrise beschäftigen müssen. Deswegen müssen diese Menschen im Fokus der Debatten stehen und gehört werden. Die Bewahrung und Schaffung von Frieden ist notwendig, um der Klimakrise global etwas entgegenzusetzen. Indigene Gemeinschaften spielen eine wichtige Bedeutung im Kampf für Klimagerechtigkeit. Ihre Rechte und ihr Land müssen geschützt werden. Sie sollten sich selbst von dem System der Unterdrückung befreien können.
Wir erkennen die jahrhundertelangen Widerstände gegen Unterdrückung und Ausbeutung an.
Diesem Erbe begegnen wir mit Demut und Respekt. Wir erkennen an, dass der Reichtum des Globalen Nordens auf kolonialer Ausbeutung beruht. Das gegenwärtige System basiert auf der Fortsetzung dieser Ausbeutung (koloniale Kontinuitäten(5)). Auch weiterhin leiden Menschen, die teilweise seit Jahrhunderten Widerstand leisten unter imperialer(4) und rassistischer Gewalt. Deshalb wollen wir deren Standpunkte aufgreifen und von ihren Kämpfen lernen. Austausch, Zusammenarbeit und Solidarität mit MAPA organisieren wir aktiv.
Wir unterstützen diese (lokalen) Widerstände um (globale) Machtstrukturen abzubauen.
Das Patriarchat und der kapitalistische Leistungsgedanke prägen derzeit unsere Welt. Menschen werden auf Basis von rassistischen Zuschreibungen, Klasse, Geschlecht, Sexualität, Körpernormen, u.a. diskriminiert (Intersektionalität(6)). Je mehr dieser Diskriminierungsformen auf Menschen zutreffen, desto verletzlicher (vulnerabler(7)) sind sie und desto stärker sind sie von den Folgen der Klimakatastrophe betroffen. Um diese Verletzlichkeit zu verringern, reflektieren wir unser Verhältnis zu unseren Mitmenschen und der Natur. Wir wollen voneinander lernen und insbesondere das Wissen von Menschen, die intersektional Unterdrückung erfahren, in den Fokus stellen. Wir wollen uns miteinander verbinden. Wir übernehmen die daraus entstehende Verantwortung.
Wir erkennen vergangenes und gegenwärtiges Unrecht an und fordern dessen Entschädigung.
Der Wohlstand des Globalen Nordens fußt historisch auf der Ausbeutung des Globalen Südens und dem Ausstoß von Treibhausgasen. Unsere Aufgabe ist es, diese Klimaungerechtigkeiten und den Umweltrassismus(8) zu beenden und Güter und Lasten gerecht zu verteilen. Eine klimagerechte Welt gründet nicht mehr auf der Ausbeutung von Ökosystemen und von Menschen. Sie beruht auf Solidarität und gemeinsamer Zusammenarbeit. Die Verantwortlichen für die Klimakatastrophe müssen mit vereinten Kräften selbstlos handeln und das Unrecht aufarbeiten. Selbstverpflichtende Entschädigungsleistungen (Reparationen(9)) sind ein erster essentieller Schritt hin zur Klimagerechtigkeit.
Gemeinsam wollen wir gegenwärtiges und zukünftiges Unrecht verhindern.
Durch die Klimakatastrophe werden Teile des Planeten unbewohnbar. Schon heute werden Menschen gezwungen ihr Zuhause aufzugeben aufgrund von Überschwemmungen, Erdrutschen und Hitze. Die davon am stärksten betroffen Menschen sind am wenigsten verantwortlich. Die Lebensweise des Globalen Nordens basiert auf Wirtschaftswachstum und dem Profit Einzelner. Das verstärkt Krisen und Kriege auf der ganzen Welt. Wir erkennen Flucht und Zwangsmigration als eine unumstößliche Folge dessen an. Wir setzen uns auch für gerechte Grenz- und Asylsysteme ein, weil sie Teil klimagerechter Arbeit sind.
Auf dem Weg zu Klimagerechtigkeit handeln und denken wir selbstkritisch.
Wir hinterfragen kritisch unsere Mitverantwortung, Privilegien und das gesellschaftliche System. Wir verstehen Klimagerechtigkeit als einen Prozess, der selbstkritisches Nachdenken und Handeln erfordert. Es benötigt individuelles Handeln und lokale Verantwortung auf einer gemeinschaftlichen Ebene.
Als erste Schritte zu einer klimagerechten Gesellschaft fordern wir weiter:
1. Sagt die Wahrheit
2. Handelt jetzt! Jeder Tag zählt!
3. Demokratie neu leben!
Damit Klimagerechtigkeit als Grundlage nicht nur eine leere Hülle bleibt, leisten wir selbstverpflichtende Reparationen. 20% unserer eingehenden Spenden gehen seit September 2024 an XR(-nahe) Gruppen im Globalen Süden.
Wir laden alle Orts- und Arbeitsgruppen ein, sich mit der hier formulierten Grundlage intensiv zu beschäftigen. Welche Gruppen sich selbst zu dieser Grundlage verpflichtet haben, seht ihr auf der Karte!
Du bist selbst in einer Gruppe aktiv und hast Interesse an einem Workshop zu Klimagerechtigkeit? Melde dich hier: forderung-klimagerechtigkeit@extinctionrebellion.de oder per Telegram bei t.me/jointherebellion
Material
Hier findet ihr eine Infosammlung mit Buchempfehlungen und weiterführendem Material zu Klimagerechtigkeit.
Ladet euch die Vorlagen herunter und druckt die Grundlage auf buntes Papier (DIN A3) oder bestellt eure eigenen Sticker! Außerdem könnt ihr euch bald auch Flyer mit der Grundlage Klimagerechtigkeit hier herunterladen und selbst ausdrucken.
Glossar
Hinweis zum Glossar: Die verwendeten Quellen werden unter den jeweiligen Beschreibungen aufgelistet. Dabei wurden teilweise noch Beispiele und Formulierungen in der Beschreibung ergänzt.
0 Klima- und Biodiversitätskatastrophe: Die Klimakrise im Zuge der Erderwärmung ist nur ein Teil der Katastrophe. Auch durch Landraub, Wasser-, Erd- und Luftverschmutzung, Überfischung oder Rodungen sind Ökosysteme und die Biodiversität weltweit in einer Katastrophe. [Wir befinden uns im 6. großen Massenaussterben. Die Ursache hierfür ist ebenfalls das fossil patriachale System.] Wenn wir von Klimakatastrophe schreiben, ist auch die Biodiversitätskatastrophe mitgemeint. Ebenso verstehen wir unter Klimagerechtigkeit auch Gerechtigkeit bezogen auf die Biodiversitätskatastrophe, da die Ursachen und Lösungen den gleichen systemischen Ursprung haben.
1 MAPA: Steht für "Most Affected People and Areas". Das ist Englisch für "die von Krisen am meisten betroffenen Personen und Regionen". MAPA ist ein breiter Begriff, der sehr heterogene Gruppen von Personen umschließt. Wir möchten uns bewusst machen, dass wir, wenn wir MAPA mehr zuhören wollen, möglichst vielen verschiedene Hintergründen, Lebensrealitäten, unterschiedlichem Wissen und unterschiedlichen Meinungen und Haltungen Aufmerksamkeit einräumen. Quellen: https://dbpedia.org/page/Most_Affected_People_and_Areas und https://fridaysforfuture.org/newsletter/edition-no-1-what-is-mapa-and-why-should-we-pay-attention-to-it/
2 / 3 sogenannter Globaler Süden / Globaler Norden: Der Begriff Globaler Süden beschreibt Regionen auf der Welt wie zum Beispiel in Afrika, Südostasien oder Abya Yala (Selbstbezeichnung von Süd- und Mittelamerika). Diese Regionen befinden sich, global betrachtet, in einer politisch und wirtschaftlich benachteiligten Position. Dieser Zustand ist auf die europäische Kolonialzeit und die damit verbundene Ausbeutung zurückzuführen. Diese ging und geht vom Globalen Norden aus. Zum Globalen Norden gehören zum Beispiel Frankreich, Deutschland oder die USA. Länder des Globalen Nordens befinden sich in einer privilegierten (bevorteilten) Machtposition. Diese Länder werden auch häufig als “westliche Welt” oder der “Westen” bezeichnet. Die Einteilung in Süd und Nord wird unabhängig von der geografischen Lage verstanden (deswegen auch "sogenannter"). Auch Australien zählt zum Beispiel zu den Ländern des Globalen Nordens. Die Bezeichnung Globaler Süden soll wertende und fremdbestimmte Ausdrücke für die besagten Länder ersetzen. Quelle: „Kolonialismus & Klimakrise – Über 500 Jahre Widerstand“, Shayli Kartal / Laura Bechert / Dodo (2021) https://www.bundjugend.de/wp-content/uploads/Kolonialismus_und_Klimakrise-ueber_500_Jahre_Widerstand.pdf (Seite 32) und https://www.digital-global.net/glossar/
4 Aktuelle Herrschaftsformen
Herrschaftsformen sind Instrumente und Mechanismen, die Macht auf Menschen und Natur ausüben. Diese Mechanismen haben sich über die letzten Jahrhunderte gebildet und beeinflussen bis heute unser Leben. Aktuelle Herrschaftsformen sind das Patriarchat, Kapitalismus, Imperialismus, Kolonialismus oder weiße Vorherrschaftskultur.
Patriarchat: Das Patriarchat ist eine unterdrückende Herrschaftsform. Im Patriarchat werden die Normen und Regeln von Männern bestimmt. Das Patriarchat beinhaltet die historisch verankerte Bevorteilung von Männern gegenüber Frauen. Es beinhaltet außerdem eine binäre Unterteilung in "Mann" und "Frau", was ebenfalls konstruiert ist. Diese Herrschaft und Privilegien werden über Generationen weitergegeben. Dies passiert in allen Bereichen des Lebens (Bildung, Freizeit, Familie, ...). „Mann“ und „Frau“ wird dabei eine starr festgeschriebene Rolle in der Gesellschaft zugewiesen. Diese Rolle bedeutet vor allem für Frauen, Ehefrau und Mutter zu sein. Für Männer bedeutet es beispielsweise, sich um die finanzielle Absicherung der Familie zu kümmern. Quelle: https://www.npla.de/lexikon/patriarchat/
Kapitalismus: Kapitalismus ist ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Im Kapitalismus wird Besitz von Privateigentümern kontrolliert und nicht vom Staat. Das wirtschaftliche Wachstum und Profite stehen dabei im Vordergrund. Dieses System geht mit der gesellschaftlichen Einordnung in Klassen einher. Es wird in arbeitende und besitzende Klasse unterteilt. Systemische Ausbeutung und Unterdrückung sind ebenfalls Merkmale des Kapitalismus. Neben Klassismus gehören Unterdrückungsformen wie Sexismus oder Rassismus zu den Bestandteilen des kapitalistischen Gesellschaftssystems. Historisch war der Kolonialismus eine Grundlage, um das System überhaupt etablieren zu können. Im Kontext der Klimakrise wird deutlich, dass wir auf einem begrenzten Planeten nicht unendlich weiter wachsen können. Es kann kein stetiges Wirtschaftswachstum in der Klima- und Biodiversitätskatastrophe geben. Wenn die planetaren Grenzen nicht geachtet werden, wird die menschliche Zivilisation langfristig nicht überleben. Quelle: https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Themen/anticapitalismo.pdf
Imperialismus: Imperialismus ist eine Praxis von Staaten, um Macht und Herrschaft auszuweiten. Ein Staat nimmt sich das Land eines anderen Staates oder bringt Gruppen dazu sich ihm zu unterwerfen. Ein Staat kontrolliert beispielsweise politische und wirtschaftliche Bereiche eines anderen Staates. Imperialismus ist immer mit dem Ausüben von Macht verbunden. Das kann militärische oder wirtschaftliche Macht sein. Quelle: https://www.britannica.com/topic/imperialism
(Europäischer) Kolonialismus
Du hast sicherlich etwas über die sogenannte “Entdeckung” Amerikas durch Christoph Kolumbus gelernt. Während in der Schule von ihm als “Entdecker” gesprochen wird, sieht die Realität vollkommen anders aus. Mit Christoph Kolumbus begann bereits im 15. Jahrhundert die gewaltvolle Geschichte des europäischen Kolonialismus. Die Inbesitznahme anderer Länder bzw. Regionen durch Europäer*innen ging mit der Vertreibung, Ermordung und Unterwerfung der lokalen Bevölkerung einher. Im 20. Jahrhundert wurden viele europäische Kolonialherrschaften formal beendet und die kolonialisierten Länder wurden offiziell politisch unabhängig. Diese Unabhängigkeit erkämpften BIPOC nach zum Teil Jahrhunderte langem Widerstand gegen die Kolonisierenden. Mit dem Imperialismus ging die wirtschaftliche Abhängigkeit vielerorts weiter. Koloniale Abhängigkeiten und eurozentrisches Wissen sind heute noch nicht überwunden und werden als Koloniale Kontinuitäten5 bezeichnet. Quelle: „Kolonialismus & Klimakrise – Über 500 Jahre Widerstand“, Shayli Kartal / Laura Bechert / Dodo (2021) https://www.bundjugend.de/wp-content/uploads/Kolonialismus_und_Klimakrise-ueber_500_Jahre_Widerstand.pdf (Seite 13,14); https://www.digital-global.net/glossar/#T und https://www.digital-global.net/glossar/
Rassismus & White Supremacy Culture (weiße Vorherrschaftskultur):
Rassismus ist ein Herrschaftsverhältnis, das weiße Menschen bevorzugt oder bevorteilt (privilegiert). Die Privilegien beruhen darauf, dass Menschen nicht nur im Alltag, sondern auch strukturell in/durch Institutionen diskriminiert werden. Koloniale Herrschaft wurde durch Rassismus legitimiert. So wurde eine weiße Vorherrschaftskultur etabliert. weiße Vorherrschaft ist eine unterdrückende Ideologie. Die Annahme dabei ist, das weiße Menschen Schwarzen Menschen, Indigenen oder People of Color (PoC) überlegen sind.
Seit der Kolonialzeit hat sich der Ausdruck von Rassismus verändert, weil z.B. Schwarze und indigene Menschen und People of Color Widerstand geleistet haben. Es gibt aber weiterhin unterschiedliche Formen des Rassismus, z.B. gegen Schwarze Menschen oder Muslim*innen. Besonders stark zeigt sich Rassismus und weiße Vorherrschaft beispielsweise bei der Polizei, in Behörden oder in der Schule. Quelle: https://www.dismantlingracism.org/white-supremacy-culture.html; https://www.digital-global.net/glossar/#T und https://www.digital-global.net/glossar/
BIPoC ist eine Abkürzung und steht im Englischen für Black, Indigenous and People of Color und im Deutschen für Schwarze, Indigene und Menschen of Color. Der Begriff stammt aus der US-amerikanischen Bürger*innenrechtsbewegung. Er ist eine bestärkende und solidarische Selbstbezeichnung. Schwarz wird in jedem Kontext groß geschrieben, um zu verdeutlichen, dass es sich weder um ein Adjektiv noch um eine Farbe handelt. BIPoC verbindet unter anderem
- geteilte Rassismuserfahrungen,
- Ausgrenzung von der weiß-dominierten Dominanz-Gesellschaft
- kollektive Zuschreibungen des “Andersseins”.
Es geht dabei um soziale Gemeinsamkeiten und Erfahrungen. Der Begriff positioniert sich gegen rassistische Fremdbezeichnungen. Die Selbstbezeichnung ist eine aktive, bestärkende und kritische Handlung. Sie ist damit wesentlicher Teil der Widerstandsgeschichte gegen den europäischen Kolonialismus und Rassismus. Im Vergleich zu Schwarz wird weiß immer klein und teilweise kursiv geschrieben. Quelle: „Kolonialismus & Klimakrise – Über 500 Jahre Widerstand“, Shayli Kartal / Laura Bechert / Dodo (2021) https://www.bundjugend.de/wp-content/uploads/Kolonialismus_und_Klimakrise-ueber_500_Jahre_Widerstand.pdf (Seite 14)
weiß meint keine Farbe oder Hautfarbe, sondern ist ein politischer Begriff. weiß markiert die dominante und bevorteilte (privilegierte) Position von Menschen innerhalb des rassistischen Systems. Innerhalb dieses Systems gilt das weiß-Sein als gesellschaftliche Norm. Weiße Menschen haben dadurch Privilegien, also ungerechte Sonderrechte gegenüber BIPoC. Das rassistische Macht- und Unterdrückungssystem wird dadurch sichtbar gemacht. weiß ist keine ermächtigende Selbstbezeichnung. Deshalb wird weiß klein und kursiv geschrieben. Quelle: „Kolonialismus & Klimakrise – Über 500 Jahre Widerstand“, Shayli Kartal / Laura Bechert / Dodo (2021) https://www.bundjugend.de/wp-content/uploads/Kolonialismus_und_Klimakrise-ueber_500_Jahre_Widerstand.pdf (Seite 14)
5 Koloniale Kontinuitäten: Koloniale Kontinuität bedeutet, dass koloniale Machtstrukturen überall verbreitetet sind. Die Jahrhunderte alten Machtverhältnisse reproduzieren sich stetig seit dem offiziellen Ende der Kolonialzeit. Sie sorgen für verschiedene Formen und Verknüpfungen der Unterdrückung. Der Globale Norden spielt früher wie heute die Rolle des Unterdrückenden. Koloniale Kontinuitäten sind beispielsweise Unternehmen aus dem Globalen Norden, die im Globalen Süden Menschen und Natur ausbeuten. Wenn Personen oder Unternehmen unrechtmäßig Land besitzen. Oder wenn die Weltbank Ländern im Globalen Süden durch ihre Geldpolitik in eine Schulden-Abhängigkeit zwingt. Zwei konkrete Beispiele: 1. Das deutsche Unternehmen Wintershall-Dea, welches Gas in Argentinien gewinnt. 2. Kinderarbeit im Kongo, um Kobalt für Batterien abzubauen, wovon der Globale Norden massiv profitiert. Quelle: „Kolonialismus & Klimakrise – Über 500 Jahre Widerstand“, Shayli Kartal / Laura Bechert / Dodo (2021) https://www.bundjugend.de/wp-content/uploads/Kolonialismus_und_Klimakrise-ueber_500_Jahre_Widerstand.pdf(Seite 31) und https://www.bundjugend.de/projekte/locals-united/kolonialismusundklimakrise/
6 Intersektionalität: Im Wort Intersektionalität steckt das englische Wort “intersection”. Auf Deutsch bedeutet das “Überschneidung” oder “Kreuzung”. Der Begriff ist auf die Wissenschaftlerin und Juristin Kimberlé Crenshaw zurückzuführen. Er macht deutlich, dass viele Menschen nicht nur entweder von der einen oder der anderen Diskriminierungsform betroffen sind. Unterschiedliche Diskriminierungsformen können sich gleichzeitig auswirken. Menschen können also zum Beispiel aufgrund ihres Alters, rassistischer Zuschreibungen und ihrer Geschlechtsidentität mehrfach diskriminiert werden. Bei der Diskriminierung von Menschen spielen verschiedene soziale Ungleichheiten bzw. Machtverhältnisse zusammen. Klassismus ist eine Form der Diskriminierung aufgrund finanzieller, wirtschaftlicher Benachteiligung. Klassismus und Rassismus können sich gegenseitig verstärken und somit intersektional wirken. Quelle: „Kolonialismus & Klimakrise – Über 500 Jahre Widerstand“, Shayli Kartal / Laura Bechert / Dodo (2021) https://www.bundjugend.de/wp-content/uploads/Kolonialismus_und_Klimakrise-ueber_500_Jahre_Widerstand.pdf (Seite 22) und https://www.intersectionaljustice.org/what-is-intersectionality
7 vulnerabel: Vulnerabel bedeutet "verletzlich". Der Begriff steht für die Verwundbarkeit von Menschen, der Natur oder von Systemen gegenüber Krisen. Durch große Verletzlichkeit kann die Widerstandsfähigkeit (Resillienz) stark eingeschränkt sein. Vulnerable Menschen und Natur können sich weniger gegen Krisen schützen. Quelle: https://www.undrr.org/terminology/vulnerability
8 Umweltrassismus: Umweltrassismus bedeutet die Auslagerung von Umweltschäden auf nicht-weißeGemeinschaften. Der Begriff Umweltrassismus hat seine Wurzeln in der späten US-amerikanischen Bürger*innenrechtsbewegung. 1982 sollte in einem überwiegend von Schwarzen bewohnten Viertel in North Carolina giftige Abfallprodukte gelagert werden. Dies löste massive Gegenwehr der örtlichen Gemeinschaften aus. Dieser Protest ging von mehrheitlich von Schwarzen, Indigenen und People of Color (BIPoC) aus. Er markiert den Beginn der Umweltgerechtigkeitsbewegung. Quelle: „Kolonialismus & Klimakrise – Über 500 Jahre Widerstand“, Shayli Kartal / Laura Bechert / Dodo (2021) https://www.bundjugend.de/wp-content/uploads/Kolonialismus_und_Klimakrise-ueber_500_Jahre_Widerstand.pdf (Seite 47) und https://www.nf-farn.de/umweltrassismus-klimagerechtigkeit-koloniale-kontinuitaeten-klimakrise#Bullard
9 Reparationen: Reparationen sind eine Art Schadensersatz. Ein Beispiel: Afrika hat kaum zur Klimakrise beigetragen, Europa dagegen sehr viel. Europa sollte daher für die Klima-Schäden aufkommen. Dafür braucht eine Anerkennung der Klimaschuld. Ebenso Wiedergutmachung und Rückerstattung der zahlreichen finanziellen, sozialen und ökologischen Schulden der Länder des Globalen Nordens an die des Globalen Südens. Diese Schulden sind während der kolonialen Vergangenheit und durch die neokoloniale Dynamik von heute entstanden (Oumarou Mfochivé). "Verluste und Schäden" (loss and damage) sind irreversiblen Schäden, die durch den Klimakrise verursacht werden, die trotz Anpassungsbemühungen auftreten. [Gegen den Widerstand mehrerer Länder des globalen Nordens wurde 2015 das Konzept der Verluste und Schäden im Pariser Abkommen verankert.] Quellen: Oumarou Mfochivé, "Klimaschulden & Reparationen" (deutsch) https://konzeptwerk-neue-oekonomie.org/wp-content/uploads/2024/04/Klimaschulden-und-Reperationen_Oumarou-Mfochive.pdf, [„Es ist kriminell“ (TAZ-Interview mit Fadhel Kaboub, deutsch): https://taz.de/Klimareparationen-fuer-Globalen-Sueden/!5976793/, zum Hören "Es müssen Reparationen nach Afrika fließen" (Deutschlandfunk Kultur, deutsch): https://www.deutschlandfunkkultur.de/klimagipfel-afrika-reparationen-100.html,] UNEP: https://www.unep.org/topics/climate-action/loss-and-damage/about-loss-and-damage
Bildbeschreibung zum Titelbild: Das Foto wurde bei einer gemeinsamen Aktion von XR Berlin mit BIPoC for Future, Seebrücke Berlin, O-Platz lebt, Bleiberecht für alle, Flüchtlingsrat, International Women Space, Letzte Generation und weiteren aufgenommen. Während des Tages der offenen Tür im Innenministerium haben Aktivist*innen dieser Gruppen vor dem Eingang eine Kundgebung unter dem Motto "Open Doors, Open Borders! Offene Türen, offene Grenzen!" abgehalten. Sie haben auf die Zusammenhänge zwischen der Klimakrise und Zwangsmigration aufmerksam gemacht. Gleichzeitig haben sich Menschen im Ministerium mit Zitaten von Menschen auf der Flucht gezeigt. Sie haben deren Stimmen dorthin getragen, wo sie zu oft ignoriert werden.
Die Person auf dem Bild ist nicht bei XR organisiert.