Göttingen klimaneutral 2030!?

Göttingen, 04. Februar 2021

Nächste Woche wird sich zeigen, ob die Fraktionen im Stadtrat Göttingen daran interessiert sind die Erderwärmung auf max. 1,5 Grad zu begrenzen und damit die schlimmsten Folgen der Klimakatastrophe zu verhindern oder nicht.

Unser CO2 Budget reicht bei einer gleichförmigen Reduktion der Emissionen auf null noch fünf Jahre (66% Wahrscheinlichkeit) bzw. 10 Jahre (50% Wahrscheinlichkeit).[1]

Der Pfad zur Klimaneutralität 2050, wie von Bundesregierung und auch der Stadt Göttingen[2] geplant, würde das Budget um einen Faktor 2,5 überschreiten.[3] Dringendes Handeln ist also erforderlich. Deshalb hat GöttingenZero mit 38 Göttinger Organisationen, Kultureinrichtungen sowie Kitas und Schulen einen Antrag zu „Göttingen bis 2030 klimaneutral machen“ ausgearbeitet.[4]

Dieser Antrag wird am 12. Februar von Francisco Welter-Schultes (Piratenpartei und Bündnis für Nachhaltige Stadtentwicklung) und der GöLinke/ALG Ratsgruppe in den Stadtrat eingebracht.

Alle anderen Fraktionen haben also die Möglichkeit einen entscheidenden Schritt Richtung Klimaneutralität zu machen und Göttingen endlich in Sachen Ambition und Klimaschutz zu anderen Städten wie Kassel, Marburg, Münster, Tübingen uvm. aufschließen zu lassen.

!Achtung Spoiler!

Keine der anderen Fraktionen wird den Antrag unterstützen.

Die Ratsfraktion Bündnis90/Die Grünen bringt gemeinsam mit der FDP-Fraktion und der Partei-Ratsgruppe einen eigenen Antrag ein. Im Titel trägt dieser zwar den Namen „Das Pariser 1,5 Grad Ziel kommunal umsetzen“ inhaltlich verabschiedet sich der Antrag aber von Pariser Abkommen und lässt jede Hoffnung auf rechtzeitiges gegensteuern schwinden. Der im Antragstext vorgeschlagene Pfad sieht eine Reduktion der Emissionen um 65% bis 2030 vor und dann in einem zweiten Schritt um weitere 30% bis 2050. Dieser Pfad ist weder mit der 1,5 Grad Grenze noch mit 1,75 Grad kompatibel.[5] Im Widerspruch zum Titel des Antrags werden die Ziele des Pariser Klimavertrags in diesem Antrag also im Grunde aufgegeben.

Auch die SPD stellt einen eigenen Antrag und möchte mit einer Reduktion von 65% der Emissionen bis 2030 die Vorreiterrolle Göttingens in Sachen Klimaschutz behaupten. Immerhin möchte sie dabei das Ziel Klimaneutralität bis 2030 nicht aus den Augen verlieren. Begründet wird das geringe Reduktionsziel vor allem mit sozialer Gerechtigkeit. Klimaschutz darf nicht zu Ungerechtigkeiten führen und Teilhabe am öffentlichen Leben einschränken. Dabei verkennt die SPD, dass gerade die Auswirkungen der Klimakrise Ungerechtigkeiten produzieren. Einkommensschwache Haushalte tragen deutlich weniger zu den Emissionen bei, sind aber ungleich stärker von den Folgen betroffen. So leben Menschen mit geringen Einkommen deutlich häufiger an verkehrsintensiven Straßen oder können sich schlechter gegen Hitze schützen oder bei zukünftiger Wasserknappheit literweiße Volvic kaufen. Gleichzeitig profitieren sie weniger von fehlgeleiteten Subventionen, wie die Befreiung von der Kerosinsteuer oder Dieselvergünstigungen, anstatt kostenlosem ÖPNV.[6] Auch eine angemessene CO2-Steuer würde, wenn richtig ausgestaltet, die Verursacher:innen und nicht die Ärmeren treffen.[7] Auf globaler Ebene zeigt sich das noch deutlicher. Verzögerungen in der Klimapolitik vermeiden also nicht Ungerechtigkeiten, sondern verschärften sie. Das haben Gewerkschaften und Sozialverbände schon längst erkannt, weshalb sie mit Fridays for Future kooperieren und in zahlreichen Städten die lokalen GermanZero-Kampagnen unterstützen.

Zuletzt Chapeau, CDU, die es in Ihrem Antrag mal wieder schafft, notwendige Ziele zum Erhalt unserer Lebensgrundlage als ideologisch zu labeln. Klimaneutralität wird in diesem Antrag gar nicht erwähnt. Stattdessen wehrt man sich gegen eine Verbotspolitik, um im gleichen Schreiben aber ein Verbot für Windräder im Stadtgebiet zu fordern. Die CDU hat leider noch immer nicht verstanden, dass nicht Investitionen in den Kilmaschutz unsere allgemeine Freiheit einschränken werden, sondern die physikalischen Tatsachen, die die Klimakrise schaffen wird.

Druck von unten

Es bleibt also mehr denn je dabei. Wir als Bürgerinnen und Bürger sind gefragt und müssen den Wandel selbst in die Hand nehmen. Zum einen gilt es das Bürger:innenbegehren von GöZero wo irgend möglich zu unterstützen. So können wir dahin kommen, dass die Göttiner:innen selbst der Stadt ein Ziel setzen, das unsere Zukunft und die unserer Kinder schützt.[8] Entscheiden ist aber dass wir den Druck von der Straße weiter erhöhen, bis unsere Mandatsträger:innen den Mut finden der anrollenden Klimakatastrophe endlich ins Auge sehen. Also werdet aktiv und kommt zu unseren Aktionstrainings und Einstiegsabenden. Aktuelle Termine findet Ihr hier.

Patrick Lajoie für XR Göttingen

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