Krieg befeuert die Klimakrise, der Konflikt ist noch größer als in den Medien dargestellt. Die AG Media & Messaging fordert entschlossenes Handeln gegenüber allen Krisen.
Eine humanitäre Katastrophe
Die Welt steht am Abgrund. Am Abgrund eines Weltkrieges. Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine bedroht die Sicherheit ganz Europas und ist eine menschliche, politische und ökologische Katastrophe. Europaweit wird über Milliardensummen für Rüstungsausgaben gesprochen, andere Krisen werden in den Hintergrund gedrängt.
Unser Entsetzen über die Brutalität der Angriffe ist so groß wie das Mitgefühl mit den Menschen, die in der Ukraine ihr Leben, ihre Angehörigen, ihr Zuhause verloren haben, die auf der Flucht sind oder in U-bahn-Schächten vor den Bomben Zuflucht suchen. Gleichermaßen gilt unsere Empathie aber auch den tausenden Russen, die trotz persönlicher Gefahr in russischen Städten auf die Straße gehen, um gegen den Krieg zu protestieren. Dies ist kein Krieg Russlands, das ist Putins Krieg.
Gas als Brandbeschleuniger
Bei aller Notwendigkeit, unmittelbar zu reagieren, humanitäre Hilfe zu leisten, Flüchtlinge aufzunehmen etc dürfen wir nicht vergessen, was maßgeblich zu dieser Krise beigetragen hat. Putin hat nicht ohne Hilfe seinen Machtapparat aufgebaut. Europa hat Putin stark werden lassen an seiner Seite, indem es in großem Stil weiterhin russisches Erdöl und Erdgas kaufte und die längst überfällige Energiewende verschleppte, obwohl der Kreml Chef seine aggressive Außenpolitik niemals verheimlicht hat. Deutschland trifft dabei eine besondere Verantwortung, weil es allein im Jahr 2020 46 Milliarden Kubikmeter Gas vom russischen Konzern Gazprom bezog, ein Viertel der gesamten Fördermenge des Konzerns, und ein versuchsweise grün gewaschenes Projekt, Nordstream 2, trotz zahlreicher Proteste und rechtlicher Grauzonen, weiter vorantrieb.
Ein Fehler, der jetzt tausende von Menschenleben in der Ukraine fordert und auch Deutschland zumindest wirtschaftlich schwer treffen, eventuell aber auch bei uns noch Opfer fordern wird. Eine sofortige Abkehr von Gas ist notwendig für die Sicherheit der Welt! Nicht Staaten, Oligarchen oder zwielichtige Konzerne sollten die Energieversorgung kontrollieren, sondern die Bürger*innen selber, dezentral, nachhaltig und sozial gerecht.
IPCC Bericht lässt wenig Spielraum
Zeitgleich konstatieren die Wissenschaftler*innen des Weltklimarates bei der Pressekonferenz zur Veröffentlichung des 2. Teiles des IPCC Reportes, dass die in Paris 2015 zugesicherte Begrenzung des globalen Temperaturanstieges auf 1.5 Grad nicht mehr eingehalten werden kann. Dass jetzt enorme, sofortige Anstrengungen unternommen werden müssen, um unter 2 Grad zu bleiben. Jedes Zehntelgrad zähle jetzt, fasste Antonio Guterres treffend zusammen und warnte eindringlich:
“Delay means Death”.
Die bereits vorhandenen Schäden an Ökosystemen, der Verlust der Arten weltweit und die zunehmenden Opfer durch Extremwetterereignisse werden noch zunehmen, wenn wir nicht entschlossen handeln. Unsere Lebensgrundlagen sind weltweit durch ein ausbeuterisches Wirtschaftssystem bedroht, das kurzfristige Profite von Konzernen vor dem Erhalt eines funktionierenden planetaren Systems stellt.
Trinkwasser-und Nahrungsmittelsicherheit gefährdet
Die Trinkwasser- und Nahrungsmittelsicherheit ist bereits in vielen Ländern des globalen Südens durch klimatische Veränderungen massiv gefährdet, obwohl diese Länder nur einen Bruchteil der CO2 Emissionen zu verantworten haben. Aber auch in Europa und den USA, die historisch gesehen Hauptverursacher der Klimakrise sind, wird es irgendwann zu Verteilungskämpfen kommen. Der Krieg in der Ukraine verschärft dabei wiederum die Situation, denn aktuell ist die Aussaat dort gefährdet, Russland und Ukraine zusammen aber produzieren ein Viertel der weltweiten Weizenimporte! Die Ukraine die Hälfte des weltweiten Sonnenblumenöls, und Russland den größten Teil aller synthetischen Düngemittel. Durch die Zerstörung von Häfen und Gleisen werden Transportwege unterbrochen. Dieser Krieg verschlingt enorme Mengen an Rohstoffen und Energie, zerstört natürlichen Lebensgrundlagen, Siedlungen und Menschenleben. Die Folgen sind noch gar nicht absehbar.
Wenn der klimatische und ökologische Zusammenbruch noch abgewehrt werden soll, müssen jetzt alle Staaten der Welt, und Europa als Vorreiterin, einen Friedensschluss herbeiführen und einen tiefgreifenden Strukturwandel vollziehen. Einen, der sämtliche Bereiche menschlichen Lebens und Wirtschaftens umfasst: Energieerzeugung, Landwirtschaft, Bauen, Wohnen, Konsum, Verkehr.
Daher darf auch die Abkehr von russischen Gasimporten auf keinen Fall heißen, neue LNG Terminals für den Import von Flüssiggas aus Argentinien oder Kanada zu bauen oder aus Katar Öl zu importieren! Gas ist keine Brückentechnologie, sondern verursacht durch massive Methanemissionen bei Gewinnung und Transport ein Beschleunigen der Klimakrise. Zudem zerstört die Gasgewinnung wiederum ganze Ökosysteme, gefährdet Grundwasser und verletzt die Rechte indigener Völker.
Diese Krisen hängen zusammen
Wir können nicht warten, bis dieser Krieg hoffentlich bald vorüber ist. Diese Krisen hängen alle zusammen und ihnen muss zeitgleich begegnet werden.
Daher fordern wir von der AG Media & Messaging, die Abhängigkeit von undemokratischen Staaten durch den Import von Öl und Gas zu beenden und vollständig auf erneuerbare Energien umzusteigen, um Frieden langfristig zu sichern und die Klimakrise zu begrenzen. Wir fordern, Schulter an Schulter mit anderen Klimagerechtigkeitsbewegungen wie Ende Gelände, “Wärmepumpen statt Waffen”. Wir fordern massive Investitionen in den weltweiten Schutz und die Renaturierung von Ökosystemen, um den Biodiversitätskollaps zu verhindern. Wir fordern eine Agrarwende hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft ohne Massentierhaltung, um Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten und damit künftigen Krisen vorzubeugen. Wir fordern, die Maßnahmen für diesen tief greifenden Wandel mittels Bürgerräten unter direkter Beteiligung der Bevölkerung auszuarbeiten, um unsere Demokratie zu stärken und vor rechtspopulistischen Tendenzen zu schützen. Wir fordern, in globaler Solidarität und in Verantwortung unserer kolonialen Geschichte, die unseren jetzigen CO2 intensiven Lebensstandard erst ermöglicht hat, Sofortprogramme zur Unterstützung derjenigen Länder aufzusetzen, die am meisten unter der Klimaveränderung zu leiden haben. Wir fordern massive Investitionen, um die schwächsten der menschlichen Gesellschaft vor den unvermeidlichen Folgen der Klimakrise zu schützen. Weltweit.
Und wir werden für diese Forderungen auf die Straße gehen! “Now is the time to turn rage into action!” schließt Antonio Guterres. Es besteht gerade jetzt die größte Chance, dass diese wissenschaftlich erwiesen notwendigen Schritte in eine nachhaltige, gerechte, solidarische Zukunft für alle eingeleitet werden. Aber es ist unfassbar traurig, dass es offenbar einen Krieg braucht, um endlich ein Umdenken bei den politisch Verantwortlichen zu bewirken.