Artenschutz Jetzt!

Geschrieben von Jakob von Animal Rebellion am 22.02.2022

Die In bei der Besetzung der Bayer AG am 21.1.2022, Berlin, Müllerstraße. Foto: Stefan Müller.

Wir dokumentieren die Rede von Jakob bei der Besetzung der Bayer AG in der Berliner Müllerstraße am 21. Januar.

Liebe Anwesende, Rebels, Passant:innen und alle, die sich angesprochen fühlen, wir sind heute hier, um auf ein großes Unrecht hinzuweisen. Ein paar wenige große, global operierende Konzerne der Agrochemie bereichern sich an der Monopolisierung von Saatgut, der Herstellung von Düngemitteln und Pestiziden und der damit einher gehenden Zerstörung von Ökosystemen und Artenvielfalt.

Die Firma Bayer AG ist spätestens seit 2016 durch ihren Merger mit Monsanto zu dem globalen Player im sogenannten Bereich „Crop Science“, also Saatgut, aber insbesondere synthetische Dünger und Schädlingsbekämpfung aufgestiegen. Der Umsatz der Bayer AG in diesem Geschäftsbereich beziffert sich allein im dritten Quartal 2021 auf 3,85 Milliarden Euro.

Sehr hohes Umsatzwachstum konnte Bayer 2021 vor allem in Lateinamerika und Asien/Pazifik verzeichnen. Also dort, wo die eher strengen Auflagen im Verbraucher:innenschutz nicht gelten.

Bei der Herstellung von Dünger im industriellen Stil wird in unfassbar großen Anlagen Ammoniak synthetisiert. Das geschieht oft im nicht-europäischen Ausland. Diese Konzerne - und Bayer ist bei weitem nicht der einzige - betreiben Landraub an indigenen Bevölkerungsgruppen (z.B. in Mexiko) und festigen so post-koloniale Strukturen. Damit erweitert sich auch in diesem Bereich der Kampf für Klimagerechtigkeit um diese völkerrechtliche Komponente.

Und überall, wo Düngemittel eingesetzt werden, treten Emissionen von Distickstoffoxid auf, auch bekannt als Lachgas. Dieses Treibhausgas ist um das 200-fache wirksamer als das bekannte Treibhausgas CO2. Häufig werden die Böden pauschal überdüngt. Der Boden kann den vielen Stickstoff gar nicht aufnehmen. Ohne Ernteverluste einzustreichen, könnte in China eine Mehrheit der Landwirt:innen den Einsatz von Düngemitteln um 30 bis 60 Prozent verringern. Also: Wenn gedüngt werden muss, dann fordern wir eine effizientere Gestaltung und eine Produktion ohne fossile Brennstoffe, darüber hinaus in moderneren Anlagen als dies heute geschieht.

Wir können uns Konzerne wie Bayer in dieser Form nicht mehr leisten!

Jakob bei der Bayer-Besetzung. Foto: Stefan Müller.

Ich erinnere mich noch gut an das öffentliche Echo auf den Bayer-Monsanto-Merger im Jahr 2016. 66 Milliarden Dollar, diverse Prozesse und verschwindend geringes Vertrauen in die Firma Bayer wegen des Unkrautvernichters „RoundUp“, der erwiesenermaßen krebserregend ist.

Individuelle Verhaltensänderungen sind gut und wichtig. Dennoch lassen sich die großen Veränderungen nur auf wirklich großer Ebene angehen. Darum stellen wir uns vor Parteizentralen, Ministerien, aber auch Großkonzerne mit erheblichem Beitrag zu Umwelt- und Klimazerstörung wie hier und heute vor die Bayer AG. Wir werden nicht müde zu betonen, dass sie sich nicht aus der Verantwortung stehlen dürfen.

Durch ihr Geschäftsgebaren im Bereich „Crop Science“ hat die Bayer AG eine massive Externalität der Umweltzerstörung und Emission von Treibhausgasen. Diese Externalität wird derzeit überhaupt nicht in eine Gesamtbetrachtung der Umweltbilanz eingepreist.

Die Besetzung wurde begleitet von einer Straßenblockade vor dem Bayer-Firmensitz. Foto: Stefan Müller.

Liebe Bayer AG, unter „Nachhaltigkeit“ schreiben Sie auf ihrer Website ein paar warme Worte wie „Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Handelns“ (Werner Baumann, Geschäftsführer und „Chief Sustainability Officer“, was auch immer das ist) oder „Health for All, Hunger for None“. Angesichts der Klimakrise und den Most Affected People and Regions, den Menschen und Regionen, die am meisten von der Klimakrise betroffen sind, ist eine Orientierung an den Sustainable Development Goals der UN durchaus blumig. 100 Millionen Kleinbauern weltweit im geringen und mittleren Einkommensniveau den Zugang zu Saatgut und Ausbildung in hochwertiger Nahrungsmittelproduktion zu gewährleisten, das liest sich natürlich erstmal gut. Es kann aber auch eine Abhängigkeit von einem Saatgut- und Düngemittelhersteller schaffen.

Wir werden Sie an Ihren eigenen blumig formulierten Zielen messen. Und mehr als das! Sie verpflichten sich zum Pariser Klimaabkommen durch Effizienzsteigerungen und Emissionsreduzierungen sowie den Erwerb von Zertifikaten. So lässt sich die eigene Bilanz an Treibhausgasen natürlich beschönigen.

Wir sind Extinction Rebellion und Animal Rebellion. Dieses Unrecht lassen wir nicht so im luftleeren Raum stehen! Man spielt nicht mit der Zukunft unseres Planeten, der Artenvielfalt und unserer Lebensgrundlage: Fruchtbare Böden, funktionierende Ökosysteme und – ich sage explizit Natur, nicht Kulturlandschaft.

Besetzung der Bayer AG, 21. Januar, Berlin. Foto: Stefan Müller.

Wir sagen: Es reicht mit der Ausbeutung von Ressourcen, sei es im Bereich fossile Brennstoffe oder der industriellen Landwirtschaft und Agrochemie.

Wir fordern Artenvielfalt Jetzt!

Es gibt kein Recht auf Monokulturen und Klimazerstörung!

Man könnte meinen, die Menschheit verhalte sich auf dem Planeten Erde wie ein Virus: beschlagnahmen, wachsen, zerstören und weiterziehen. So schlittern wir mit Vollgas in die Krise. Wenn ich einmal Kinder und Enkel:innen habe, dann möchte ich von ihnen nicht die Frage gestellt bekommen: „Wieso habt ihr damals nichts unternommen? Die Fakten lagen doch auf dem Tisch!“

Wir schauen nicht weg, wir sehen hier ein großes Unrecht, wenn Arten in einer Rate ausgerottet werden, schneller als wir sie entdeckt haben könnten. Hier vor dem Gebäude der Bayer AG möchte ich einen Samen der Hoffnung pflanzen, in euch alle. Wenn ich damals, im September 2020, nicht zufällig die Red Rebels auf einer Klimademo gesehen hätte, dann wäre ich vielleicht heute nicht hier. Und so haben alle Aktivist:innen sicherlich auch einen solchen vergleichbaren Moment, in dem es Klick gemacht hat.

Lasst uns die Steine ins Rollen bringen. Die Erde ist viel zu kostbar, um sie zu zerstören. Die Biosphäre ist so kompliziert, wir haben sie bis heute noch nicht verstanden. Was wir hier und jetzt tun, ist wichtig und bedeutsam, und jede noch so kleine Handlung kann einen Sturm erzeugen. Wir sind die Flügel des Schmetterlings. Fliegt!

Besetzung der Bayer AG, Berlin, Müllerstraße, 21. Januar 2022. Foto: Stefan Müller.

Feedback