Fördern wir doch die Gasförderer!
Protest angesichts der Verabschiedung von Millionengeschenken an die fossile Industrie; mit Grünen und der Linken, 27. Januar 2021; Niedersächsischer Landtag
Hallo Zusammen!
Lasst uns gemeinsam mal ein kleines Gedankenspiel machen. Jede und Jeder von uns kennt dochmsicherlich einige Dinge, die gar nicht gut zusammenpassen. Feuer und Wasser, Senf auf Apfelkuchen, Andi Scheuer und Verkehrspolitik und eben – dass muss ich ganz klar sagen – SPD und eine ehrliche und aufrichtige Politik.
Niedersachsen ist auch 2021 der größte innerdeutsche Gas- und Öllieferant in der Bundesrepublik. Wer einmal den Blick nach Celle wagt, der wird die schmutzige Geschichte dieser Region schnell entdecken können. Öl- und Gasförderung haben die Geschichte dieser Stadt maßgeblich geprägt. Ganz makaber wird es dann, wenn wir auf die Debatten zwischen Deutschland und den USA stoßen, wer denn als erste Nation das erste Mal Öl angezapft hat. 1858 entstanden demnach die ersten Förderanlagen auf dem Boden des heutigen Niedersachsens.
Noch schlimmer wird es jetzt. SPD und CDU meinen also, dass es der Wirtschaft guttue, wenn jetzt eine Eilentscheidung zur Senkung der Förderabgabe für Öl und Gas beschlossen wird. Das sind eine viertel Milliarde € weniger im Landeshaushalt für die nächsten 10 Jahre. Natürlich kann der Laie sagen, dass sei nicht viel Geld. Aber in einer Zeit, in der Krankenhäuser und Pflegeheime chronisch unterfinanziert sind, wo Politik und Bürger:innen für tausende Pflegekräfte lieber applaudieren, als Ihnen einen gerechten Lohn zuzustehen, ist dies schlichtweg ein absolut fatales Signal und eine weitere Bankrott Erklärung an unseren Sozialstaat.
Was hier passiert ist ein Kniefall der SPD und CDU vor den Förderkonzernen von Exxon Mobile und Shell. Als angehender Geowissenschaftler, der sich theoretisch auch mit der Erkundung von fossilen Rohstoffen beschäftigen könnte, muss ich sagen, dass ich mich wirklich schäme, dass wir eine in Sachen Klimapolitik so inkompetente Landesregierung in Niedersachsen aufweisen. Es zeigt einmal mehr, der Neoliberalismus hält seine Zügel weiterhin fest und Großunternehmen in Niedersachsen scheinen wieder mehr Recht auf eine ”demokratische” Einflussnahme im Landtag zu haben als die Millionen Bürger:innen des Landes Niedersachsen.
Ein Blick in den Antrag genügt schon, um zugleich die fehlenden Gründe für dieses Vorgehen zu erahnen. Einzige Begründung simpel dargestellt: „Mecklenburg-Vorpommern wollte die Abgabe ggü. Öl- und Gasförderung erhöhen, ein Gericht hat dies aber gekippt.“ Da müssen wir uns auch erstmal reindenken. Mecklenburg-Vorpommern – ein Land das übrigens auch von der SPD regiert wird – wollte also die Abgaben erhöhen, darf es aber nicht. Jetzt kommt die Niedersächsische Regierung und meint: „Ja dann können wir mal genau das Gegenteil tun.“ Da bin ich ja gespannt, ob die Gerichte dazu was sagen.
Ich selbst möchte aber nicht nur meckern. Denn Niedersachsen hat ein enormes Potential für die Zukunft. Wir haben den Wind an der Küste, welcher locker ausreichen würde, um das Land mit sauberer Energie zu versorgen. Wir haben Universitäten, die insbesondere innerhalb der nachhaltigen technischen Forschung ein Spitzenniveau erreichen könnten – sofern das Land endlich mal einsieht, den Universitäten mehr Geld zuzugestehen. Wir haben sonnenreiche Sommermonate, die ausreichen, um die Privathaushalte mit ökologisch warmen Wasser zu versorgen. Wir haben genügend Landwirtschaft, um zumindest mit Biomasse CO2-Neutral Energie für Strom und Wärme zu erzeugen. Ja wir haben sogar Orte in Südniedersachsen, da würde sich Geothermie lohnen.
Niedersachsen ist eines der Bundländer, welches gerade durch seine Flächen und Dörfer perfekt für eine dezentrale Energieversorgung geeignet wäre. Gleichzeitig liefert der ländliche Charakter doch eher ein Argument gerade für den Ausbau von Öffentlichen Verkehrsmitteln.
Ich hätte die Rede noch viel größer und detaillierter schreiben können, sie ist aber eher sehr spontan entstanden. Daher bitte ich das zu entschuldigen.
Was ich aber nicht entschuldigen kann, ist die Tatenlosigkeit und Mutlosigkeit unserer Landesregierung in Sachen Klimapolitik. Die bittere Realität Niedersachsens ist nun mal die Auto- und Schlachtindustrie und eben nicht die innovative nachhaltige Industrie, welche die moderne und zuverlässige Energieproduktion vorantreibt.
Stattdessen leben wir in einem Bundesland, das ernsthaft meint, dass es der Wirtschaft guttut, wenn wir fossile Energieträger weiterhin subventionieren.
Lieber Stefan Weil, es gibt kein gutes Wirtschaften auf einem toten Planeten.
Vielen Dank.