Kommentar zum beschleunigten Wassereintritt im Atommülllager Asse

Geschrieben von XR München am 18.05.2024

Der jüngste Bericht über das Atommülllager Asse ist alarmierend und offenbart die ernsten Versäumnisse im Umgang mit radioaktivem Abfall in Deutschland. Dass sich der Wassereintritt in die tieferen Schichten des Bergwerks beschleunigt hat, zeigt deutlich, wie unsicher die derzeitige Situation ist. Salzlösung dringt in Bereiche vor, die gefährlich nah an den 126.000 Fässern mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen liegen¹.

Die Aussage des niedersächsischen Umweltministers Christian Meyer ist ein Weckruf: Die Rückholung des Atommülls muss schneller erfolgen! Aber trotz der eindringlichen Warnungen scheinen die politischen Entscheidungsträger:innen, insbesondere Kernkraftunterstützer:innen, immer noch in ihrer eigenen Realität zu leben. Diese verkennen die gravierenden Risiken und machen es unmöglich, ein sicheres Endlager zu schaffen. Wie kann man ernsthaft behaupten, dass man die Sicherheit eines Endlagers garantieren kann, wenn es schon bei der Asse, einer viel kleineren Anlage, nicht gelingt?

Ein weiterer Punkt, der nicht außer Acht gelassen werden darf, ist die Reaktion des Bayerischen Ministerpräsidenten Söder, der offenbar in einer völlig anderen Realität lebt. Während in der Asse ein neues Kapitel des Atomdesasters geschrieben wird, bleibt Söder in seinen illusorischen Vorstellungen von sicherer Kernenergie verhaftet².

Es ist höchste Zeit, dass wir uns der Realität stellen und die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um diese nukleare Bedrohung zu beseitigen. Die Situation in der Asse ist ein klarer Beweis dafür, dass die Politik versagt hat. Es bedarf eines radikalen Umdenkens und entschlossenen Handelns, um unsere Zukunft vor den Gefahren des Atommülls zu schützen.

Darüber hinaus muss die EU-Taxonomie der Kernkraft neu eingeordnet werden. Die Einstufung der Kernenergie als nachhaltige Investition durch die EU-Kommission ist nicht nur irreführend, sondern gefährlich. Kernkraft als "grün" zu labeln, verschleiert die enormen Risiken und langfristigen Probleme, die mit dieser Energiequelle verbunden sind. Es ist ein trügerisches Bild, das suggeriert, dass Kernkraft eine sichere und nachhaltige Lösung für unsere Energieprobleme darstellt³.

Die Realität sieht jedoch anders aus. Die ungelösten Probleme der Atommülllagerung, die Gefahr von Kernschmelzen und die enormen Kosten für den Rückbau stillgelegter Anlagen sind nur einige der Herausforderungen, die mit der Kernkraft einhergehen. Die Asse ist ein erschreckendes Beispiel dafür, wie schnell sich Sicherheitsversprechen als Illusion herausstellen können.

Auch die Unsicherheitsfaktoren durch kriegerische Auseinandersetzungen und Naturkatastrophen dürfen nicht ignoriert werden. Das Kernkraftwerk Saporischschja in der Ukraine zeigt, wie gefährlich es ist, wenn AKWs in Kriegsgebieten liegen. Fukushima hat uns schmerzlich vor Augen geführt, wie verheerend Erdbeben die Sicherheit von Kernkraftwerken beeinträchtigen können. Europa ist ebenfalls nicht erdbebensicher, und zunehmende Dürren führen zu Wassermangel, der für die Kühlung von AKWs erforderlich ist.

Zudem gibt es keine geopolitisch sichere Versorgung mit Brennelementen. Die Abhängigkeit von wenigen Lieferländern erhöht das Risiko von Versorgungsengpässen und geopolitischen Spannungen.

Der kürzlich in Brüssel abgehaltene Atom-Gipfel, bei dem eine Allianz von 14 europäischen Staaten die Förderung der Kernenergie weiter vorantreiben möchte⁴, zeigt die enorme Kluft zwischen politischen Ambitionen und technischer Realität. Diese Allianz, angeführt von Frankreich, will die Leistung von Kernkraftwerken bis 2050 auf 150 Gigawatt steigern, obwohl die bisherigen Projekte von enormen Kostenüberschreitungen und erheblichen Verzögerungen geprägt sind. Beispiele wie Hinkley Point C im Vereinigten Königreich⁵ und Olkiluoto III in Finnland⁶ illustrieren die immensen finanziellen und zeitlichen Risiken, die mit neuen Reaktorbauten verbunden sind.

Die vermeintlich zukunftsträchtigen Small Modular Reactors (SMRs) existieren bisher nur auf dem Papier. Diese "Powerpoint-Reaktoren" sind weit davon entfernt, eine realistische Lösung für die Energieprobleme zu bieten. Angesichts der Tatsache, dass selbst weit fortgeschrittene Projekte wie das von NuScale Power Corporation gestoppt wurden, weil die Kosten explodierten und keine Abnehmer für den Strom gefunden wurden⁷, ist die Hoffnung auf eine schnelle und kosteneffiziente Einführung dieser Technologie wenig mehr als Wunschdenken.

Statt auf riskante und teure Technologien zu setzen, sollte die EU ihre Taxonomie nutzen, um wirklich nachhaltige und sichere Energiequellen zu fördern. Wind-, Solar- und Wasserkraft bieten echte Alternativen, die nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll sind. Es ist an der Zeit, dass die Politik die Zeichen der Zeit erkennt und entschlossen handelt, um die Energiewende voranzutreiben und unsere Zukunft zu sichern. Deutschland und die EU müssen einen anderen Kurs einschlagen und konsequent auf erneuerbare Energien setzen, um die wachsenden Herausforderungen unserer Energieversorgung sicher und nachhaltig zu meistern.

Quellen:

  1. https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Atommuelllager-Asse-Mehr-Wasser-und-es-nimmt-neue-Wege,asse1650.html
  2. https://www.rnd.de/politik/soeder-will-massiven-ausbau-von-kernenergie-in-deutschland-DXWFEOERWBPJPDZI7IDI4W2XKU.html
  3. https://www.wwf.de/themen-projekte/klimaschutz/klimaschutz-europa/eu-taxonomie-atomkraft-und-erdgas-ploetzlich-nachhaltig
  4. https://www.tagesschau.de/ausland/europa/atomgipfel-bruessel-100.html
  5. https://www.rnd.de/politik/hinkley-point-c-wie-grossbritanniens-neues-akw-zum-problemmeiler-wird-JATQRMGLYVHTFMKIDP45MO7WAQ.html
  6. https://www.heise.de/news/AKW-Olkiluoto-Auch-Wartung-des-zweiten-Blocks-dauert-laenger-als-geplant-9710177.html#:~:text=Der%20Siedewasserreaktor%20ist%20seit%201982,Milliarden%20auf%2012%20Milliarden%20Euro.
  7. https://www.heise.de/news/Atomkraft-Nuscale-beerdigt-SMR-Projekt-in-Idaho-9358472.html
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